
von Marc Wilwert
Dieses Buch fällt einem nicht nur durch seinen außergewöhnlichen Titel sondern auch durch das Loch, das sich im Cover und auf den ersten Seiten befindet, sofort ins Auge. Das Fotobuch ist mit einem A5 Format recht handlich und das Cover ist sehr einfach in tiefschwarz mit lediglich einem weißen Schriftzug.
Beim Aufschlagen fällt einem auf, dass die ersten Seiten quasi leer sind und sich das Cover in einer abgewandelten Form wiederholt: mit schwarzem Schriftzug auf weißem Hintergrund. Es folgt ein Zitat von Leonardo da Vinci “Jamais le soleil ne voit l‘ombre” und daraufhin ein mehrfach abgewandeltes Motiv.
So einfach es klingen mag so faszinierend sieht es aus. Mit Worten kann man nur schwierig beschreiben, was die Bilder ausdrücken. Denn mit einem Bild ist es wie mit einem Kunstwerk: jeder sieht etwas anderes, eigenes darin. Dies ist abhängig vom Leben, der Gefühlswelt und dem Denken des jeweiligen Betrachters.
Wenn ich die Fotos des Buches betrachte fallen mir tausend Ideen dazu ein. Es scheint mir, dass mein Blickwinkel sich von Sekunde zu Sekunde verändert und es kommt mir vor als würde die Zeit nie stillstehen. Das Motiv verändert sich jedoch nicht nur durch die Zeit, sondern auch mit der Lichteingebung. Die Fotografien dieses Buches sind wunderbarer Zeuge dieses Spieles.

Ich habe mich gefragt was es wohl mit diesem Buch, mit dem Titel und auch mit dem Loch auf sich hat und habe meine Fragen an Marc Wilwert weitergeleitet:
Welche Technik hast du für dieses ungewöhnliche Fotobuch benutzt?
Um die Serie von Fotografien unter dem Titel 8min 20s zu erstellen, griff ich bewusst auf die uralte Technik der «Camera obscura» zurück. Diese Technik ist die wohl ursprünglichste, wie auch einfachste und somit auch unverfälschteste Form der Fotografie. Die eingefangenen Lichtstrahlen treffen direkt, ohne eine Optik zu durchqueren, auf die eingelegte lichtempfindliche Fläche in der Kamera. Um diese Unverfälschtheit, diese direkte Art, noch weiter zu unterstreichen, kommt bei dieser fotografischen Arbeit als lichtempfindliche Fläche ein Sofortbild-Film zum Einsatz. Somit wird jede weitere Manipulation, sei es durch Menschenhand oder weitere komplexe fotochemische Vorgänge, auf ein Minimum beschränkt. Fotografie ohne Filter: die von der Sonne ausgesandten Lichtstrahlen, bestehend aus einer Vielzahl einzelner Photonen, schlagen ungebremst auf dem Sofortbild-Film ein!
Wie hast du das Motiv gewählt?
Das Motiv in allen Fotografien ist das Meer, der Himmel und zentral: die Sonne. Das Meer und der Himmel sind für mich zeitlose, den Menschen überdauernde Elemente, und in diesem Sinne «neutral». Es geht mir nur um das Einfangen der Lichtstrahlen des Sonnenlichts.
Was wolltest du mit dieser speziellen Technik zeigen?
Mit dieser bewusst ausgewählten Technik der «Camera obscura», der Fotografie mit der Lochkamera, versuche ich den einzelnen Lichtstrahl unverfälscht, unverändert einzufangen. Das Einfangen ist in diesem Fall der ungebremste Aufschlag der einzelnen Photonen auf das Fotopapier im Inneren der Lochkamera. Die von der Sonne ausgestrahlten Photonen brauchen ungefähr 8 Minuten und 20 Sekunden um die Strecke bis hin zur Erde zurückzulegen.
Wie ist die Idee dazu entstanden?
In meinen Fotoarbeiten ist das Licht immer das zentrale Thema, um das sich alles dreht. In diesem Fall stellte ich mir die Frage, wie man versuchen könnte das Licht als solches zu veranschaulichen, zu illustrieren.
Was ist das Faszinierende am Fotografieren für dich?
Die Fotografie als solches beinhaltet immer ein gewisses Maß an Wahrheit. Man kann nie nichts fotografieren, was irgendwie auf irgendeine Art und Weise Lichtstrahlen produziert oder zurückgestrahlt hat. Wenn es also ein Foto gibt, dann gibt es rückfolgernd auch immer einen «Verursacher”, in diesem Falle eben real existierende Objekte und deren zugehörige Transkription in Form von durch Lichtstrahlen hinterlassene Spuren.
Woher nimmst du die Inspiration für deine Bücher / deine Projekte?
Inspiration oder Kreativität sind ein Geschenk was man dankend annehmen soll. Beides findet man überall, wenn man dafür empfänglich ist.
Was ist deine absolute Lieblingsfotografie?
Diese Frage kann ich nicht beantworten – es ist wie mit der Musik. Die Wirkung eines Werks hängt immer auch mit der aktuellen Gefühlslage zusammen. Grundsätzlich ist ein gutes Foto in meinen Augen ein durchdachtes Foto, mit einer klaren Aussage, welches aber im Hintergrund der Aussage auch immer ein Statement zum Medium der Fotografie abgibt.

Das Buch ist online erhältlich bei Blurb.fr.
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