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Ägypten: Das Land der Pyramiden und Pharaonen

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Zwischen Potential und Patriarchat

Ägypten – das Bindeglied zwischen Nordostafrika und dem Nahen Osten – ist durch sein historisches und kulturelles Erbe, vor allem wegen den am Nil gelegenen Städten Kairo und Luxor, weltweit bekannt. Aufgrund von wiederholten Terroranschlägen und der Revolution im Frühjahr 2011, erlitt der Staat ab 2010 aber enorme Defizite in der Tourismusindustrie. Durch das Verschärfen der Sicherheitsmaßnahmen und das Investieren in die Infrastruktur, erleben die Ferienparadiese jetzt erneut einen touristischen Boom. Auch mich und meinen Vater hat es vor zwei Monaten für 7 Tage nach Sharm El Scheich gezogen, wo ich mich nicht in ein Resort eingeschlossen habe, sondern vielmehr die Umgebung erkundet habe. Da Ägypten mich sehr fasziniert hat, möchte ich in diesem Artikel ein paar meiner Gedanken und Erfahrungen mit Euch teilen.

Tourismus, Terror und Angst

Immer wieder aufs Neue erschüttern terroristische Angriffe, meist von salafistischer Natur, die Urlaubsparadiese Ägyptens. Zwischen 1989 und 2019 gab es fast 40 größere Terroranschläge verschiedener Milizen, wie z.B. dem IS. Als der bekannte russische Charterflug Kogalymavia 9268 von Scharm El-Scheich nach Sankt Petersburg am 31.10.2015 kurz nach dem Start über der Sinai-Halbinsel abgeschossen wurde und den Tod der gesamten Besatzung forderte, hat der russische Präsident Vladimir Putin ein Flugstopp in Richtung Ägypten eingeführt. Dieser Boykott der Russen, die bis zu diesem Moment die Mehrheit der Touristen ausmachten, stellt einen bemerkenswert tiefen Einschnitt in die Ökonomie Ägyptens dar.

Während meiner Reise habe ich mehrmals von Einheimischen erfahren, wie sehr das Land unter dem Verlust der russischen Touristen leidet und wie sie auf deren Rückkehr hoffen, da die Tourismusindustrie neben den natürlichen Ressourcen, der Landwirtschaft und der Textilindustrie, einer der wichtigsten Bestandteile des ägyptischen Bruttoinlandsproduktes ist.

Die Ukrainer formen derzeit die Mehrheit der Reisenden (1 Million ukrainische Touristen im Jahr 2018); ebenfalls Dänen und Deutsche reisen weiterhin in großen Massen in die Urlaubsregionen am Roten Meer. Demnach steigt die allgemeine Tourismus-Bilanz kürzlich wieder an. Luxemburgische Touristen sind eher eine Rarität. Ob dies möglicherweise an der Angst vor Attentaten oder der Skepsis an der ägyptischen Kultur liegt? Mir persönlich bleibt dies allerdings ein Rätsel; selten habe ich mich in einem Land derart willkommen gefühlt. Außerdem wurden die Sicherheitsmaßnahmen, beispielsweise auf den Straßen oder in den Flughäfen, aufgrund der zahlreichen Geschehnisse der Vergangenheit drastisch verschärft, sodass man sich, oder zumindest ich mich, während meines Aufenthalts keineswegs unsicher fühlte.

Wir bewegten uns hauptsächlich mit Hilfe von Tuk-Tuks fort, also kleinen, meist schäbigen Busse, in denen man mit fast ausschließlich lokalen Menschen auf engstem Raum herumfährt. Auch dies war immer wieder eine abenteuerliche, aber gesellige und lustige Situation. Ich bin außerdem einer jungen, deutschen Studentin begegnet, die aufgrund ihrer Masterarbeit im Bereich der islamischen Kultur und Geschichte, monatelang alleine durch Ägypten reiste; sie kam hervorragend als alleinreisende Frau zurecht. Meiner Meinung nach ist das Zögern, eine solche Reise anzugehen demnach falsch. Auch als Frau.

Film: Ilford FP4 Plus 125ASA 35mm. © Anouk Thill

Da die ägyptische Wirtschaft in einem solchen großen Maß auf den Tourismus angewiesen ist, bemerkt man als Reisender schnell, dass die lokalen Menschen den Touristen auf Händen tragen, ganz nach dem Motto ,,Der Gast ist König’’. An jeder Ecke trifft man auf freundliche, hilfsbereite und zuvorkommende Menschen, sei es in der Hotellerie, der Gastronomie oder in allen weiteren zwischenmenschlichen Begegnungen. Wenn man beispielsweise in einem Restaurant sitzt, sich ein Glas Wein bestellt, es allerdings keinen Wein gibt, da der Konsum von Alkohol im Islam, der in Ägypten dominierenden Religion, nicht gestattet ist, wird der Kellner trotzdem mit allen Mitteln versuchen, Wein von irgendwo her aufzutreiben.

Traditionen, Bräuche

Trotz der Sympathie die man als Tourist unverzüglich für die Ägypter entwickelt, existieren manche Traditionen, die man als westlicher Reisender schwer nachvollziehen kann. Die ägyptische Gesellschaft basiert weiterhin auf einer Gesellschaftsordnung, die dem Mann in Bezug auf Staat und Familie eine bevorzugte Rolle zuschreibt. Die Frauen besitzen nicht die gleiche Freiheit und werden in den meisten Bereichen des Lebens von den Männern unterdrückt. In der Hotellerie kann man beispielsweise feststellen, dass es quasi keine berufstätigen Frauen in der Tourismusbranche gibt. Diese Berufe werden fast ausschließlich von Männern ausgeführt, wobei ihre Frauen oft dem Haushalt verpflichtet bleiben. In dieser Branche, gibt des eeiteren eine ausgeprägte Hierarchie unter den Arbeitern. In den großen Resorts ist der Stellenwert in einer klardefinierten Rangordnung bereits an der Kleidung der Angestellten zu erkennen. Die Uniformen der verschiedenen Berufungen eines Hotels unterscheiden sich deutlich erkennbar in Farbe und Qualität, je nach Wichtigkeit der Position. Diese Art der Klassengesellschaft hat auf mich einen veralteten Eindruck gemacht, und zeigte mir wiederum, wie weit wir Europäer diesem Land in vielen Aspekten voraus sind.

Film: Ilford FP4 Plus 125ASA 35mm. © Anouk Thill

Ägypten ist also sehr an alte Bräuche und Traditionen gestrickt ist, die für den modernen Europäer nicht immer legitim und oft überlebt wirken. Dennoch ist Ägypten ein Land, das in voller Entwicklungsphase steckt, enormes Potential besitzt und sehr viele Bemühungen (z.B. hinsichtlich der Sicherheit) zugunsten der Reisenden anstrebt. Das Rote Meer ist und bleibt ein Paradies für Taucher, die von der Vielfalt der Unterwasserwelt verzaubert werden. Das Rote Meer beherbergt nicht nur eine einzigartige Ansammlung von Fischspezies, sondern auch wunderschöne Korallenriffe, was mich als Taucherin so sehr begeistert hat, wie kein anderer Tauchplatz zuvor.

Auch auf kulinarischem Plan hat Ägypten so einiges zu bieten: von Humus und Falafel, bis hin zu einer enormen Variation an frischem Fisch oder Lammfleisch; hierbleibt weder ein Vegetarier, noch ein leidenschaftlicher Fleischesser auf der Strecke.

Trotz vielen kulturellen Unterschieden, bleibt Ägypten für mich ein Land, das es zu bereisen gilt. Dabei ist es meiner Ansicht nach jedoch wichtig, sich außerhalb der touristischen Attraktionen zu begeben, um in einen authentischen Kontakt mit den Menschen und ihrer Kultur zu kommen. Ich werde zukünftig auf jeden Fall noch einmal zurück ans Rote Meer kehren, dann jedoch vielleicht nach Hurghada, um noch weitere Facetten dieses vielfaltigen Landes zu entdecken.

Film: Lomography Lady Grey 400ASA 35mm. © Anouk Thill
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Anouk

20, Studentin. Deutsche und englische Literatur. Reisen und analoge schwarz-weiß Photographie. Natur und Botanik. Musik und Kunst.

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