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Buch & Interview: Nicht zu spät

Von Anja di Bartolomeo

“Es gibt keine Zufälle. Eigentlich. Das gute Wort, das Raum lässt. Vielleicht war es damals die Gelegenheit, die ich nicht sehen wollte. Ich hätte aussteigen sollen. Gleis 7, bitte einsteigen, ruft die Stimme.”

Nach “Chamäleons” hat Anja di Bartolomeo sich jetzt mit der Thematik “Nicht zu spät” auseinandergesetzt. Wie bereits von ihr gewohnt, sind die Themen unbequem. Sie gehen eine Schicht unter die Schicht. Sie lassen die Welt nicht im zarten Rosa erscheinen, sondern zeigen das Blutige blutig rot das Schwarze Rabenschwarz.
Ergo authentisch, menschlich, realistisch.

In neun Kurzgeschichten setzt sie sich mit gesellschaftskritischen Themen auseinander: Unterdrückung, Manipulation, Zerstörung. Und schlussendlich wehren oder gewehren lassen.

Immer wieder ist man überrascht wie die Autorin an ihre Geschichten gelangt. Ihr Schreibstil liegt mir. Kein Wort zu viel, kein Wort zu wenig. Jede Erläuterung hat ihre Daseinsberechtigung und trägt dazu bei, dass die Geschichte einen roten Faden hat. Sicherlich sind die Kurzgeschichten keine Mainstream Ware. Aber sie berühren tief. Manch ein Leser wird erschauern und sich fragen ob nicht ein Teil des Protagonisten auch in ihm schlummert. Ein anderer wird sich wohl sagen, dass es ein wenig übertrieben wirkt. Jedoch werden alle zum Denken angeregt. Und das ist genau die Magie dahinter. Man kann dieses Buch nicht auf die Seite legen und abhacken. Es hinterlässt seine Spuren. Es bleibt der ein oder andere Gedanke, der wohl aufflammen wird, wenn sich im Alltag eine ganz klein wenig ähnliche Situation auftut. Und die wird es geben…

Nachdem ich das Buch gelesen habe, habe ich ein Interview mit der Autorin machen können das ich Euch natürlich nicht vorenthalten will.

Interview mit Anja di Bartolomeo

In deinem neuen Buch geht es mit 9 Erzählungen ums Thema “Nicht zu spät”. Gibt es für dich ein “Nicht zu spät” im Leben? Oder gibt es Dinge, die nicht mehr aufzuhalten sind? Nicht mehr gutzumachen sind?

Zu spät ist ein Satz, der nur allzu oft fällt. Mehrmals am Tag. Zu spät am Bahnhof, zu spät im Meeting, zu spät aufgestanden. Auf das Leben bezogen, denke ich, muss jeder für sich entscheiden ob es zu spät ist oder nicht. Ob noch Zeit ist, etwas wiedergutzumachen oder nicht. Ich für mich bin überzeugt, dass es nie zu spät ist aus Mustern auszubrechen. Es ist nie zu spät, zu leben und zu lieben. Außer man ist tot.

Die Erzählungen sind teilweise sehr dramatisch. Was ist deine Inspirationsquelle?

Ich inspiriere mich an alltäglichen Situationen. Ich höre gerne zu, sauge Geschichten auf und verarbeite sie. Manche finden meine Erzählungen überspitzt. Klischee, behaupten einige. Stimmt, ich verwende Klischees. Die es nach meiner eigenen Erfahrung genauso auch im wirklichen Leben gibt. Das übergewichtige Kind, das in der Schule gemobbt wird. Der kontrollsüchtige Pilot. Die magersüchtige Tochter. Der Vater, der es wiedergut machen will. Klischeekitsch. Und trotzdem teilweise wahrer als man denkt.

Wie schon beim ersten Buch “Chamäleons” tauchst du auch hier teilweise in die menschlichen Abgründe deiner Protagonisten ein? Ist es wichtig für dich als Autorin diese mit all ihren Konsequenzen zu zeigen?

Ja, das ist mir wichtig. Ich kann mir nicht vorstellen, anders zu schreiben. Zugegeben, nimmt mich das manchmal sehr mit. Ich versinke in meinen Texten. Alles vermischt sich. Ich schreibe, wie ich fühle. Impulsiv.

Welche Erzählung hat dir am meisten abverlangt beim Schreiben? Wieso?

Sehr viel abverlangt hat mir „Tante Lotti fliegt zum Mars,“ eine Geschichte, die ich meiner Oma gewidmet habe. Es fiel mir sehr schwer sie gehen zu lassen, und genau die Situation durchlebt auch meine Protagonistin. Auch „Nicht zu spät“ hat sehr viel von mir gefordert. Ich war selber von Anorexie betroffen und konnte mich deshalb sehr gut in Malena hineinversetzen.

Was ist dein ganz persönliches Lebensmotto?
Mein Lebensmotto
Fiori di zucca per sempre!
Habt Ihr noch nie gegessen? Es ist noch nicht zu spät.

Vielen Dank Anja für das Interview.

Anja Di Bartolomeo wurde 1978 in Luxemburg geboren. Ihr erstes Buch „Exit Schattenkopf ” erschien 2011 im Verlag Op der Lay. Ende 2017 wurden ihre Erzählungen „Chamäleons“ mit dem 1. Preis des luxemburgischen nationalen Literaturwettbewerbs ausgezeichnet. Im Dezember 2017 wurde „Chamäleons“ im Verlag Op der Lay publiziert. Im Frühjahr 2019 wurden ihre Erzählungen „Nicht zu spät“ veröffentlicht.

Auch für Euch ist es noch nicht zu spät. Auf der Rosport Life Facebook Seite gibt es noch bis zum 31. Oktober ein Exemplar von ‘Nicht zu spät’ zu gewinnen.

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Martine

Martine

Musik, Natur, Sport, Kunst und Kultur und vor allem Lesen. Dies sind einige meiner vielen Interessen. Geboren in Luxemburg und wohnhaft im Westen, bin ich in der Mitte des Lebens angekommen und genieße dessen Vielfalt jeden Tag aufs Neue.    Die Literatur ist für die Menschheit das, was Träume für den Einzelnen sind. Isabel Allende  

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